Digital Sehen Hören Verstehen.

Zur Übersicht nach Themengebieten des Blog.


773Frames - Geschichte zum Film

von Uwe Heimburger

Teaser

Überwiegend Schmuddelwetter und eine Achillessehnenreizung haben mich dazu gebracht, ein lange in Arbeit befindliches Projekt fertigzustellen - 773Frames.

Begonnen hat es während der Corona-Pandemie 2021.

Ich hatte mich aufgemacht, Bilder eines Sonnenuntergangs als Intervall-Session aufzunehmen. Ziel war die Erstellung eines Zeitraffer-Videos. Parallel zur automatisiert ablaufenden Intervall-Session habe ich ein paar Fotos geschossen und ein wenig mit meiner VLogging Kompakt-Kamera gefilmt

Während der Session traten Probleme auf. Ich dachte darüber nach. So reifte plötzlich die Idee, das Gesamtereignis zu einem kurzen klassischen Film zu verarbeiten. Dies wäre - zumindest für einige Betrachter - sicher interessant, und für mich eine spannende neue Erfahrung.

Meinen kurzen Film wollte ich auf YouTube veröffentlichen.

Mit diesem Betrag beschreibe ich verschiedene Aspekte meines Film-Projekts. Als Basis für das Projekt diente mir überwiegend englisch-sprachige Fachliteratur.

Die dort verwendeten Begriffe sind prägend. Leider ist es sehr mühevoll und zeitaufwändig, alle Begriffe ins Deutsche zu übersetzen. Daher stellte ich die Lokalisierung bzw. Sprache der Apps auf Englisch um. Das ersparte mir das ständige Übersetzen der Begrifflichkeiten zwischen Literatur und Anwendungen.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich diese Praxis weitgehend auch in diesem Beitrag beibehalte und oft englisch-sprachige Begriffe verwende.

Film-Projekt

Was bedeutet es, und was benötige ich, um einen richtigen Film über meine Intervall-Session zu machen?

Um das herauszufinden, suchte ich auf gängigen Websites nach Büchern zu diesem Thema. Der Klassiker "The Digital Filmmaking Handbook - Sixth Edition" von Sonja Schenk und Ben Long, erwies sich als Fundgrube. Kapitel 2 "Writing, Scheduling, and Producing" schuf grundlegendes Verständnis und prägte mein weiteres Vorgehen maßgeblich, der Abschnitt "Finding a Story" bot einen einfachen und nachvollziehbaren Einstieg.

Die Struktur sollte einfach sein - eine "Three-Act-Structure", die die Elemente "setup, complication, and payoff" repräsentiert. Die Elemente waren in meiner Geschichte alle vorhanden und sollten im fertigen Film ohne Probleme zu identifizieren sein.

Nicht jeder Entwicklungsschritt war von Anfang an fix geplant. Schliesslich kannte ich die Software und die Unterstützung, die sie bot, noch nicht. Und natürlich wollte ich auch neue Ideen berücksichtigen. Flexibilität war angesagt, ebenso wie Einfachheit soweit möglich, aufwändige Spezialeffekte unerwünscht.

Wie ich die Story letztlich umsetzte, entwickelte sich zum Teil auch aus den Rahmenbedingungen heraus, Stolpersteine ließen mich über alternative Vorgehensweisen folgen.

Die Reise begann mit dem Aufschreiben der Geschichte und Überführung in ein Treatment.

Treatment

Ein Treatment ist die Beschreibung einer Geschichte (Story) in Prosa.

Meine Geschichte folgt der klassischen Struktur "Act 1: The beginning", "Act 2: The middle" und "Act 3: The end". Sie hilft Gedanken und Ideen zu sortieren, zu organisieren.

Der nächste Schritt war die Überlegung, wie ich diese Struktur in eine visuelle Geschichte umsetzen könnte.

Zur Umsetzung meiner Ideen benötigte ich geeignetes digitales Material - Bilder, Filme, Musik, Sounds etc. - nicht alles Nötige war vorhanden. Ich musste es daher erschaffen.

Digitales Material multi-medial

Die digitalen Inhalte entstanden zum Teil inkrementell.

Auf den zeitlichen Aspekt der Entstehung gehen die folgenden Unterkapitel nur am Rande ein.

Fotos und Filme

Wie bereits berichtet, hatte ich während der Intervall-Session Bild- und Video-Aufnahmen mit einer kompakten Kamera mit sehr guten Video-Eigenschaften gemacht. Einige der Bilder habe ich in meinem Projekt verwendet, die Filmaufnahmen nicht. Sie erwiesen sich für mein Film-Projekt als eher ungeeignet. 

Das Zeitraffer-Video, das ich im Film verwende, ist aus Einzelbildern meiner Intervall-Session erzeugt. Zum Einsatz kam dabei wie bei früheren solchen Zeitraffer-Videos die App TLDF (Timelapse Deflicker).

Die Bilder sollten sich im Film durch Ausführung in Schwarzweiss und reduzierte Grösse vom vollformatigen farbigen Zeitraffer-Video abheben.

Umgebungsgeräusche

Jede Umgebung hat zu einem Zeitpunkt ihren speziellen "Grundton" - einen Ambient Sound.

Es ist meist ein guter Schritt, diesen "Grundton" in Filme einzubringen. Dies schafft Glaubwürdigkeit, Authentizität. Eine spezielle Audio-Aufnahme hatte ich dafür leider nicht gemacht. Aber ich hatte mit meiner kleinen Kompaktkamera kurze Videos aufgenommen. Es enthielt Stereo Audio-Spuren mit den Umgebungsgeräuschen. Die Qualität nicht sehr hoch, aber als vergleichsweise leises Hintergrundgeräusch ausreichend.

Ich separierte einen Teil davon und hatte somit eine reine Stereo-Audiospur die ich für meinen Film verwenden konnte.

Auslösegeräusch meiner digitalen Spiegelreflexkamera

Teil der Story ist natürlich auch die Aufnahme-Session mit meiner digitalen Spiegelreflex-Kamera. Da darf das authentische Auslöse- bzw. Spiegel- und Kameraverschluss-Geräusch im Film nicht fehlen!

Daher nahm ich dieses Geräusch als Audio-Clip auf. In Sequenzen würde es den Charakter der Intervall-Session im Film repräsentieren.

Musik

Jeder unserer Sinne ist zur Aufnahme von Botschaften bereit. Je mehr Sinne bzw. "Kanäle" mit zueinander passenden Botschaften bedient werden, desto stärker unsere Wahrnehmung und im Idealfall emotionale Reaktion darauf.

Daher ist Musik in Filmen ein gängiges Mittel, Emotionen beim Betrachter / Hörenden zu erzeugen oder diese zu verstärken. Dissonanzen unterstützen Konflikt-Situationen, Konsonanzen Harmonie.

Mein Film beginnt konsonant und endet auch so.

Auf den Einsatz von in Standard-Bibliotheken enthaltene Musikstücke und solche von bekannten Künstlern oder Bands habe ich aus rechtlichen Gründen bewusst verzichtet. Eine Urheberrechtsverletzung wollte ich nicht riskieren. Dies würde eine Veröffentlichung über YouTube ohne Lizenzierung unmöglich machen.

Daher spielte ich kurzerhand ein paar einfache Akkorde mit konsonantem Charakter als Arpeggios auf meiner Akustik-Gitarre und nahm diese digital auf.

Diese Aufnahme sollte eine minimalistische musikalische Klammer über Intro und Outro des Films bilden.

Sprachaufnahme

Viel Drama ("Complications") mit Emotion konnte ich mit meinen Bildern und Filmaufnahmen nicht in das Projekt einbringen. Daher beschloss ich, den Handlungsstrang im Film zu erzählen - und das eher nüchtern. Ich benötigte eine Sprachaufnahme.

Es gibt Menschen, die aus dem Stand heraus großartig erzählen und während desssen auch noch gut strukturieren können. Zu diesen Menschen gehöre ich leider nicht. Daher schrieb ich meine Geschichte Satz für Satz auf. Da ich mit meinem Film ein internationales Publikum "beglücken" möchte, tat ich dies in englischer Sprache.

Danach ging ich daran, das Ganze im digitalen Audio-Format aufzunehmen. In mehreren Anläufen entstand eine erste Version meiner "digitalen" Erzählung.

Das fühlte sich schon mal ganz gut an.

Untertitel

Die Niederschrift meiner Erzählung als Basis für die Sprachaufnahme erwies sich nicht nur für die Sprachaufnahme als nützlich.

Nach einem zwischenzeitlichen Review meines Films hatte ich plötzlich die Idee, das gesprochene Wort als Übergang mit längerer Dunkelphase in den Film "einzubrennen" und somit als Gestaltungselement zu nutzen. Dies hatte den zusätzlichen Nutzen, dass ich damit automatisch auch Anforderungen von Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen bediente. Diesen Gedanken fand ich einfach prima.

Eingebrannte Texte werden Open Captions genannt und können als Teil der visuellen Umsetzung meiner Geschichte angesehen werden. 

Eine weitere Erkenntnis stellte sich ein. Die für die Schwarzweiss-Bilder gewählte Grössenreduktion schuf zufällig den erforderlichen Raum für diese Open Captions!

Sprach-Übersetzung

Sprachübersetzungen sind etwas ähnliches wie die oben beschriebenen Untertitel. Sie sind jedoch nicht Teil der visuellen Umsetzung der Geschichte. Vielmehr kann diese Art Untertitel ein- oder ausgeblendet werden. Sie werden "Closed Captions" genannt.

Nachdem ich meinen Film auf YouTube veröffentlicht hatte, habe ich eine Sprachübersetzung in meiner Heimatsprache (Native Language) Deutsch hinzugefügt.

Technische Umsetzung

Zur Umsetzung meines Film-Projekts mußte ich das digitale multimediale Material in einer Anwendung technisch zusammenführen und in einen sinnvollen zeitlichen Ablauf bringen. Zusätzlich waren geeignete Übergänge zwischen den eingesetzten digitalen Medien zu schaffen, Titel zu ergänzen, Intro und Outro zu ergänzen etc.

Durch Bewertung der Visualisierung und des Audio-Signals entstand mit inkrementellen Anpassungen nach und nach der angestrebte Film.

Das verwendete Werkzeug, eine Computer-Anwendung bzw. App (Application), trägt einen wichtigen Teil zur Umsetzung der Film-Idee bei. Die Wahl der passenden Software war nicht ganz einfach und fiel am Ende auf Apple's Profi-Alternative Final Cut Pro (FCP). Alternativen waren iMovie, Fotomagico Pro und Davinci Resolve. Für einen Teil des Audio-Masterings setzte ich auf die mir bereits seit langem bekannte DAW (Digital Audio Workstation) Cubase Pro.

Eine detaillierte Beschreibung der Arbeit mit FCP und Cubase Pro würde diesen Beitrag sprengen. Daher verzichte ich darauf.

Fazit

Es war ein lang andauerndes Projekt. Viele Aspekte waren zur Erstellung meines kurzen Films zu berücksichtigen. Es hat Spaß gemacht. Viel habe ich dabei gelernt und ruft danach, erneut abgerufen zu werden ... Ich bin mit meiner Arbeit sehr zufrieden und denke, dass ich darauf aufbauen kann. Lächelnd

Mein Film ist in meinem YouTube-Kanal zu sehen. Ich wünsche viel Spaß beim Anschauen und Hören!

Veröffentlichtes Video

Eingesetzte Software

  • iAWriter: Erstellung des Treatment
  • Capture One Pro: Entwicklung und Bearbeitung der Raw-Aufnahmen und Generierung der Bilder im Format FullHD (1920 x 1080px) 
  • TLDF (Timelapse Deflicker): Erstellung eines flackerfreien Zeitraffer-Videos aus 773 Bildern der Intervall-Session
  • FCP (Final Cut Pro): Herzstück zur Umsetzung des Film-Projekts mit abschließender Generierung des Films im Format FullHD (16:9), inbegriffen: Erneute Sprachaufnahme unter Verwendung des VoiceOver-Dialogs, Erstellung der Captions, Übergänge, Einleitung und Abspann etc.
  • Cubase Pro: Dynamik-Bearbeitung der Audio-Aufnahme "Erzählung der Geschichte", sowie Aufnahme der Gitarren-Arpeggios und des Sounds des Kamera-Verschlusses
  • Exiftool: Ergänzung spezieller Metadaten im generierten Film
  • YouTube: Veröffentlichung des Videos

Zurück