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Ein Use Case für EIP
von Uwe Heimburger
Hashtags: #CaptureOnePro #C1P #C1PSession #C1PCatalog #AffinityDesigner #EIP #Brennweiten #Bildausschnitt #FF #APSC
Mann, Frau und Divers verzeihe mir. Use Case heisst übersetzt Anwendungsfall und ist ein gebräuchlicher Ausdruck in der Software-Entwicklung. EIP (Enhanced Image Package) ist ein verlustfrei komprimiertes Datei-Format.
In einer EIP-Datei wird ein Bild mit allen Bearbeitungen, seien es z.B. angewandte Bild- oder Metadaten-Bearbeitungen, verpackt. Dabei werden auch eventuell erzeugte Bildvarianten berücksichtigt. Ursprünglich entwickelte Phase One diesen Mechanismus für die hauseigenen High End Mittelformat-Kameras zum Zwecke des Datenaustauschs zwischen verschiedenen Capture One Pro Installationen und die professionelle Arbeit mit Sessions. Mit Ergänzung der Anwendung Capture One Pro um das Konzept der Kataloge, wurden rudimentäre EIP Funktionen auch für Kataloge bereitgestellt.
Dieser Beitrag erläutert den Einsatz von EIP-Container-Dateien anhand eines konkreten Beispiels. Dabei gehe ich auf verschiedene Aspekte der Nutzung des EIP-Formats ein. Das Ganze ergänze ich um Stippvisiten in Affinity Designer. Capture One Pro und die Affinity Suite, zu der Affinity Designer gehört, bilden zusammen ein hervorragendes Gespann für Bildentwickung und Publishing.
Use Case - Workflow mit zwei Rechnern
Ein zentraler Capture One Pro Bilder-Katalog liegt auf meinem stationären Rechner. Leider wird es Vorort nicht klappen, dass ich ein bestimmtes Bild rechtzeitig bearbeitet habe. Ich bin unterwegs. Den Laptop mit zweiter Capture One Pro - Installation habe ich dabei. Den zentralen grossen Bilder-Katalog möchte ich nicht auf den mit vergleichsweise wenig Plattenspeicher ausgestatteten Laptop transferieren und auch nicht auf externer Festplatte mitnehmen. Zu gross das Risiko, dass dabei etwas schief geht.
Ich beschliesse eine Kopie des Einzelbilds mit den bisherigen Bearbeitungen auf den Laptop zu transferieren und dann unterwegs daran weiterzuarbeiten.
Mit EIP auf den Laptop
Bei Einsatz von Capture One Pro Katalogen stehen keine Funktionen zum Packen und Entpacken von Bildern in EIP-Container (Enhanced Image Package) innerhalb des Katalogs zur Verfügung - Lesen funktioniert, Schreiben nicht. Packen und Entpacken des Formats EIP stehen nur in Capture One Pro Sessions zur Verfügung.
Und so richte ich zur Bearbeitung des Bildes auf dem Laptop eine Session ein. Aber erst einmal muss ich das im Katalog teilweise bearbeitete Bild mit seinen Bearbeitungen in einer EIP-Datei verpacken. Aber wie?
Das läßt sich über den Export aus dem Bilder-Katalog bewerkstelligen. Dazu im Katalog über dem Bild das kontext-sensitive Menü öffnen und den Punkt "Exportieren > Originale ..." auswählen. Es öffnet sich ein Dialog.
Neben Datei-Pfad und -Namen lässt sich hier auch die Option "Als EIP packen" auswählen. Anschliessend den Button "Exportieren" anklicken. Fertig. Die EIP-Datei ist erzeugt. Ich übertrage sie auf meinen Laptop.
Bearbeitung der EIP-Datei in einer Session
Für die Bildbearbeitung eine bestehende Session nutzen, oder eine neue in Capture One Pro anlegen. Damit steht ein Ordner Capture zur Verfügung. Dorthinein die EIP-Datei verschieben.
Mit untenstehendem Bild versuche ich meine Vorstellung von der groben Architektur zu skizzieren.
Die Capture One Pro Systematik findet sich im unteren Teil, darüber die Ebene des Betriebssystems. Im Katalog verwende ich Referenzen auf die Bilder, die in einem hierarchischen Ordner-Baum nach Jahr/Woche abgelegt sind. Darauf bauen im Katalog virtuelle Alben etc. auf. Die Referenzen auf die Bilder stelle ich im Bild unten gestrichelt dar.
Zu einer konkreten Referenz kann es mehrere Bild-Varianten mit unterschiedlichen Bearbeitungen geben. Die Klammer über die Varianten nenne ich einen Katalog-Bild-Varianten-Stack. Darunter hängen Bild-Varianten, zu denen wiederum ein Vorschaubild, Metadaten und Bearbeitungen gehören. Die Kardinalitäten der Beziehungen seinen hier nicht weiter betrachtet.
Sessions erzeugen eine standardisierte Ordnerstruktur (Capture, Selects, Output und Trash) auf Betriebssystemebene und verwalten die Bilder und Bearbeitungsdaten in Unterordnern.
Zurück zum UseCase. Ich öffne die ausgewählte Session. Die EIP-Datei erscheint im Session-Browser, das darin enthaltene Vorschaubild wird angezeigt. Ein Entpacken des EIP-Formats ist in der Session nicht erforderlich. Alle Bearbeitungen werden in den EIP-Container geschrieben.
Nach einigen Bildbearbeitungsschritten kommt der Moment, da die in Capture One Pro angebotenen Funktionen für mein Vorhaben nicht mehr ausreichen.
Das Bild ist im Kleinbild-Vollformat aufgenommen. Ich möchte den Bereich kenntlich machen, der mit APS-C Sensor aufgezeichnet worden wäre. Der äussere Bereich soll ähnlich einem halbtransparenten Passepartout abgedeckt erscheinen.
Darüber hinaus möchte ich die Ausschnitte zeigen, die mit den Brennweiten 20mm, 28mm und 50mm erzielt worden wären. Ich sehe dafür rote Rahmen mit Brennweitenangabe jeweils in der rechten oberen Ecke vor.
Die erforderlichen Aktivitäten setze ich in Affinity Designer um.
Wechsel zu Affinity Designer
Ich bewege den Mauszeiger über das zu bearbeitende Bild, öffne das kontext-sensitive Menü und wähle den Punkt "Bearbeiten mit >" aus. Über diese Auswahl wird eine RGB Bild-Datei für den Export generiert.
Dafür ist ein Datei-Format auszuwählen. Es stehen JPG, TIFF und PSD zur Wahl. Da ich verlustfrei weiterarbeiten möchte, scheidet JPG aus. Ich entscheide mich für komprimiertes TIFF 16 Bit mit ICC-Profil Adobe RGB bei einer Skalierung von 100%.
Das Bild wird entsprechend meinen Angaben im Format TIFF erzeugt, im Session "Aufnahmeordner" (Ordner Capture) gespeichert und in Affinity Designer geöffnet. Hier stehen mir allerlei Vektorgrafik-Werkzeuge für die weitere Bearbeitung zur Verfügung.
Passepartout-Ausschnitt erstellen
Die Ausdehnung des Bildes ist 7360 x 4912 Bildpunkte, aufgenommen mit einem Vollformat-Sensor der Grösse 36 x 24 mm. Ich weiss, dass 4800 x 3200 Bildpunkte dem Ausschnitt eines APS-C Sensors entsprechen.
Das Ganze soll aussehen wie ein zu 50% transparenter Passpartout mit APS-C Ausschnitt ...
Rahmen entsprechend Brennweite erstellen
Ich bin noch nicht fertig. Ich benötige ja noch eine weitere Präsentation mit Ausschnitten entsprechend Brennweiten. Also wechsle ich zurück zu Affinity Designer.
So soll es aussehen ...
Schlussbemerkungen
Das Beispiel zeigt, dass man für spezielle Projekte, die auf Basis eines zentralen Capture One Pro Katalogs abgeleitet und z.T. auf unterschiedlichen Rechnern bearbeitet werden sollen, die Nutzung von Sessions mit Transfer der Bild-Daten im EIP-Format sehr gut verwenden kann.
Sollen die Capture One Pro Bild-Bearbeitungen den Weg aus der Session zurück in den Zentral-Katalog finden, ist dies ebenfalls möglich - und das auf zwei Wegen.
Der erste führt über den Import einer ganzen Session. Dabei werden im Katalog Referenzen zu den im Dateisystem liegenden Bild-Dateien aufgebaut und die Bearbeitungen in den Katalog übernommen. Letzteres geschieht nur, wenn es sich bei den Dateien nicht um EIP-Dateien handelt.
Der zweite Weg führt über den direkten Import von EIP-Dateien in den Katalog. Die Bearbeitungen werden dabei nur dann in den Katalog übernommen, wenn im Import-Dialog beim Feld "Bestehende Anpassungen einbeziehen" ein Häkchen gesetzt ist.
Darüber hinaus können die enthaltenen Bearbeitungen nur manuell via "Copy-Board" (Gespeicherte Anpassungen) von den EIP-Dateien auf die ursprünglichen Bild-Dateien oder im Katalog angelegte Varianten übertragen werden. Eventuell ist es möglich ein AppleScript-Skript zu schreiben, das die Aktivität hilft zu automatisieren. Hiermit habe ich mich allerdings noch nicht befasst.
Im Anschluss an die Übertragung der Bildbearbeitungen auf die Katalog-Bilder sollten die EIP-Dateien gelöscht werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Chaos im Bild-Katalog entsteht. Auch bei dieser Aktion ist es denkbar auf einem Apple Mac ein den Vorgang automatisierendes AppleScript-Skript zu schreiben.
Die während des Prozesses erzeugten Affinity-Dateien sollten auf jeden Fall aufbewahrt werden, denn sie enthalten konkrete Bearbeitungsbeispiele, die ggf. später für andere Projekte hilfreich sind.